Komplexität (in Projekten) und NLP

Bei einem kürzlich besuchten Projektmanagement-Seminar war auch Komplexität in Projekten ein Thema. Dafür hat der Referent einen Satz Vorgehensweisen vorgestellt, die den Umgang mit Komplexität erleichtern. Der vorliegende Beitrag diskutiert Hintergründe und den Bezug zu NLP, speziell zu den Vorannahmen und einige ausgewählte Methoden.

Begegne Komplexität mit Komplexität

  • Mehr Handlungsoptionen sind besser als weniger Handlungsoptionen

Komplexität benötigt Flexibilität in den Handlungsoptionen. Diese Flexibilität entsteht wiederum bzw. steigert sich, wenn mehr Handlungsoptionen verfügbar sind. Im NLP ist es eine Grundeinstellung, dass mehr Handlungsoptionen verhindern, dass man in einer Situation feststecken bleibt.

Erlaube eine Vielfalt von Perspektiven

  • Die Landkarte ist nicht das Gebiet

Diese Vorannahme geht davon aus, dass Wahrnehmung immer subjektiv und damit unvollständig ist, d.h. von den eigenen Wahrnehmungsfiltern beeinträchtigt wird. Da die Wahrnehmungsflter verschiedener Personen auch unterschiedlich sind, entsteht durch verschiedenen Perspektiven ein vollständigeres Bild der Wirklichkeit (ein 100 % vollständiges Bild ist theoretisch nicht möglich, ebenso wie die Vollständigkeit durch die eingeschränkte Wahrnehmung nicht nachgewiesen werden kann). Da komplexe Systeme sich nicht durch Zergliederung in Teilsysteme und Komponenten vollständig erschließen lassen, können durch eine Vielfalt von Perspektiven zumindest einzelne blinde Flecke vermieden werden. Im Zusammenhang mit Komplexität gilt also auch “viel hilft viel“.

Berücksichtige Subjektivität

  • Die Landkarte ist nicht das Gebiet
  • Menschen treffen stets die besten Entscheidungen, die ihnen möglich sind

Durch die Unvollständigkeit der eigenen Perspektive entsteht zwangsläufig eine Subjektivität, die in der erstgenannten Vorannahme resultiert. Aus dieser Vorannahme der eingeschränkten Sichtweise auf eine Situation oder eben ein komplexes System folgt dann direkt die zweite Vorannahme, dass Menschen auch im Umgang mit komplexen Systemen eingeschränkt sind (ein komplexes System ist bspw. auch der menschliche Geist). Wenn Menschen selbst für sich ein komplexes System bilden, kann ein übergeordnetes System wie ein Projekt, in dem Menschen interagieren, ebenfalls nur komplex sein. Schon die Bewertung “gut” bzw. “beste” kann nur im Bezug zu anderen Dingen/Handlungen bewertet werden. Theoretisch würde “beste” bzw. eine Objektivität eine ultimative Bewertung notwendig machen. Da dies wiederum der Komplexität wiederspricht, kann die Bewertung einer Handlung nur auf die (subjektive) Perspektive des Einzelnen bezogen werden.

Probiere und experimentiere

  • Wenn das, was Sie tun seinen Zweck nicht erfüllt, so tun Sie etwas anderes

Bei komplexen Systemen – wie in Projekten – ist es, wie angemerkt, nicht möglich, das System durch Zergliederung zu beherrschen. Dann ist der einzige Weg ein angestrebtes Ziel = Beherrschung des Systems zu erreichen, laufende Kurskorrekturen vorzunehmen. Es zwar im Vorfeld mögliche Wege zu einem Ziel zu planen, bei komplexen Systemen wie Projekten ist der vollständige Weg jedoch nicht überschaubar. Deshalb sind die Teilschritte immer von Versuch und Irrtum geprägt. Diese müssen dann, wenn sie nicht mehr optimal auf das Ziel hinführen, Kurskorrekturen nachsichziehen.

Kopiere, kombiniere und optimiere

  • Wenn eine bestimmte Person etwas kann, kann jeder andere Mensch dies auch lernen
  • Modelling

Kopieren von Handlungen, die Übernahme von Einstellungen und Gewohnheiten sind zentrale Entwicklungs- und Lernmechanismen des Menschen. NLP geht davon aus, dass bei gleichen Randbedingungen Wissen und Können übertragbar ist. Das heißt nun nicht, dass das einfach und sofort erreicht werden kann (möglicherweise gilt die 10.000-h-Regel von Anders Ericsson, die von Malcom Gladwell populär gemacht wurde) aber grundsätzlich ist die Möglichkeit einer Fähigkeit bewiesen, wenn ein Mensch etwas ausführen kann. NLP hat als Format, um Fähigkeiten zu kopieren, das Modelling entwickelt. Natürlich liegt es auf der Hand, dass die Kombination von Fähigkeiten die (Problem-)Lösungsfähigkeiten noch weiter verbessert, eben wie die Weiterentwicklung an sich (so unterliegt NLP selbst einer konstanten Weiterentwicklung durch die Verpflichtung in den Ausbildungen neue Formate zu schaffen).

Entwickle gemeinsam

  • Die Person mit den meisten Handlungsoptionen bestimmt bzw. kontrolliert ein System

Wenn mehrere Personen weitere Handlungsoptionen einbringen und diese an einem gemeinsamen Ziel ausrichten, wird auch die Kontrolle über das System größer. Es ist eine nachgewiesene und oft erlebte Tatsache, dass durch gemeinsames Nachdenken (Brainstorming) mehr Ideen kreiert werden, als wenn man alleine über eine Sache nachdenkt. Das lässt sich auf Handlungsoptionen ausdehnen, wenn diese Ziel des Brainstormings sind.

Verkürze den Feedbackrhythmus

  • Die Bedeutung der Kommunikation liegt in der Reaktion darauf
  • Wenn etwas nicht funktioniert, probiere etwas anderes

Feedback ist die Reaktion auf Kommunikation. Da man nicht nicht kommunizieren kann, ist logischerweise alles ein Feedback. Aktive und bewusste Kommunikation ist nun mit Sicherheit besser als Stille und die vermeintliche Nicht-Kommunikation. Wenn nun die Reaktion auf “etwas” nicht wunschgemäß ausfällt, ist logischerweise eine Verkürzung des Zeitraums bis zur Änderung des “etwas” eine angemessene Möglichkeit der Optimierung des Ergebnisses. Dass ohne Änderung auch keine Verbesserung entstehen kann, liegt mindestens seit Georg Christoph Lichtenberg auf der Hand.

Berücksichtige die Abhängigkeit vom Kontext

  • Reframing

Dis Komplexität eines Systems und damit auch eines Projekts entsteht durch die Einbindung in sein Umfeld und seine Umwelt, die zusammen mit den Stakeholdern damit zu Teilen des Systems werden (und typischerweise die Komplexität eher noch steigern). Das Umfeld und die Umwelt bilden den Kontext des Systems. Typischerweise unterliegt das Umfeld und die Umwelt ebenfalls Veränderungen, teilweise auch durch Wechselwirkungen mit dem (Kern-)System. Ein Weg zum Umgang mit dem Kontext ist die Bedeutungsgebung für das, was dort passiert. Teil der Bedeutungsgebung ist auch die Veränderung in der Bedeutungsgebung. Im NLP ist der Fachbegriff dafür Reframing. Unterstützt werden kann die Veränderung in der Bedeutungsgebung durch unterschiedliche Wahrnehmungspositionen.

Wie dargestellt, können die NLP-Vorannahmen und die abgeleiteten Methoden und Werkzeuge im Umgang mit komplexen Systemen nützlich sein. Vorhandene Komplexität kann typischerweise nicht vollständig ausgeschaltet werden. Trotzdem kann der Umgang mit der Komplexität durch NLP-Kenntnisse verbessert werden.

Frage: Welche komplexen Systeme sind Ihnen schon begegnet? Wie sind Sie damit umgegangen? Welche Hilfsmittel haben Sie eingesetzt?

Sie können einen Kommentar hinterlassen, indem Sie hier klicken.

Hinweis: Ich behalte mir vor, Kommentare zu löschen, die beleidigend sind oder nicht zum Thema gehören.