Stakeholder-Management und NLP

Stakeholder-Management ist eine wichtige Aufgabe im Projektmanagement. So wichtig die Aufgabe ist, so oft wird sie jedoch unterlassen, speziell wenn bzw. solange der Projektleiter keine formale Projektmanagement-Ausbildung hat (ich spreche hier auch aus eigenem Erleben). Eng verwandt mit dem Stakeholder-Management ist die Umfeldanalyse. Welche Folgen eine unterschätzte Umfeldanalyse und ein unterschätztes Stakeholder-Management haben kann, lässt sich oft an großen Infrastruktur- und öffentlichen Bauprojekten verfolgen, bei denen Veränderungen durch das Projekt im Vordergrund stehen. Ein aktuelles Beispiel und gleichzeitig schon fast Klassiker fehlgeschlagener Aktivitäten in diesem Bereich ist zum Beispiel Stuttgart 21. Damit möchte ich nun nicht behaupten, dass ich es besser gekonnt hätte, sondern nur feststellen, dass das Stakeholder-Management m.E. unbestreitbar schiefgegangen ist.

Ein zentrales Konzept im Umgang mit Stakeholdern basiert in meiner Welt auf der NLP-Vorannahme, dass hinter jeder Handlung eine positive Absicht steckt. Diese Einstellung darf ich den Stakeholdern auch so kommunizieren, wodurch schon im ersten Schritt mancher Konflikt vermieden werden kann, weil ich den Stakeholder mit Wertschätzung gegenübertrete, die in der Regel auch so wahrgenommen wird. Gleich darf ich diese Vorannahme auch für mich und in einer etwas abgewandelten Form für das Projekt in Anspruch nehmen: Der Nutzen jedes Projektes ist positiv. Selbst im Konfliktfall ist dann Rückzug auf diese minimale gemeinsame Basis möglich, von der aus eine Lösung gesucht werden kann.

Beim Stakeholder-Management werden folgende Prozessschritte durchlaufen:

  1. Identifikation der Stakeholder und Sammlung von Informationen
  2. Klärung der individuellen Betroffenheit und Einstellung der Stakeholder
  3. Klärung des individuellen Einflusses der Stakeholder
  4. Identifikation der Risiken und Chancen, Konflikte und Synergien
  5. Optionales Erstellen eines Stakeholder-Portfolio
  6. Festlegung von individuellen Maßnahmen im Umgang mit den Stakeholdern
  7. Durchführung und Überprüfung der Maßnahmen (kontinuierlich)

Diese Schritte lassen sich mit etwas Flexibilität durchaus auf den NLP-Formatrahmen abbilden:

  1. Rapport – kann auch im Umgang mit Stakeholdern nicht schaden :-)
  2. Problemidentifikation = Stakeholder-Identifikation
  3. Zieldefinition = Betroffenheit und Einstellung der Stakeholder
  4. Ressourcen = Einfluss der Stakeholder
  5. Öko-Check = Risiken/Chancen/…, Stakeholder-Portfolio und ggf. zusätzliche Stakeholder identifizieren
  6. NLP-Format = Festlegung und Durchführung der Maßnahmen
  7. Test = Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen
  8. Future-Pace = 7.

Wenn es dann nach der Analyse um die Kommunikation mit Stakeholdern geht, kann der Rapport-Gedanke in NLP hilfreich sein, um die Kommunikation und das notwendige Vertrauen auf eine gute Basis zu stellen. Allgemein ist der linguistische Anteil von NLP ein wichtiges Werkzeug für die Kommunikation mit Stakeholdern. Durch die Anwendung des Meta-Modells der Sprache können Aussagen der Stakeholder hinterfragt und eigene Aussagen gezielt und präzise gemacht werden.Eine große Herausforderung beim Stakeholder-Management ist die Wahrnehmung der Einstellung der Stakeholder im Bereich der Analyse dergleichen. Leider sind die Interessensbekundungen nicht immer offen und ehrlich, manchmal sind sie bewusst oder unbewusst falsch und irreführend. Hier kann NLP Abhilfe bieten, indem durch die gesteigerte, trainierte Wahrnehmung zum Beispiel Inkonkruenzen auf den verschiedenen Kommunikationskanälen erkannt werden. Auch Wechselwirkungen zwischen den logischen Ebenen eines Stakeholders können zur Klärung beitragen. Auch die sonst im NLP verpönte Warum-Frage kann Licht ins Dunkel der Ziele und Motivation von Stakeholdern bringen.

Ebenfalls analytische Aspekte und darüber hinaus auch Management-Aspekte (im Sinne des Umgangs der Kommunikation mit Stakeholdern) haben die Meta-Programme des NLP. Die Meta-Programme erlauben es zu verstehen, wie die Stakeholder jeweils “ticken” und dazu passende Kommunikationsformen und Inhalte wählen. Wo bei “passende Inhalte” nur heißen soll, dass die passende Inhaltsform gewählt wird, die Aussage im Kern aber konstant ist. Z.B. sollten einer detailorientierten Person auch die gewünschten Details angeboten werden, während eine überblicksorientierte Person davon verschont bleiben bzw. ihr eine Zusammenfassung angeboten werden sollte.

Beim Umgang und in der Kommunikation mit Stakeholdern kann das Reframing der Einstellung der Stakeholder in mehreren Bereichen nützlich sein:

  • Verständnis für die Einstellung des Stakeholders durch Verständnis seines spezifischen Kontextes (Kontext-Reframing).
  • Setzen der Einstellung in einen anderen Kontext (=Bedeutungs-Reframing), um die Einstellung oder den Einfluss ggü. dem Projekt zu ändern.
  • Bedeutungs-Reframing, um die Auswirkungen der Einstellung und des Einflusses zu ändern.

Grundsätzlich hat NLP immer eine Einzelperson im Fokus. Das Umfeld eines Projektes und seine Stakeholder stellen darüber hinaus jedoch auch ein System dar, zwischen dessen Kompenenten Wechselwirkungen bestehen, die die Komplexität des Systems über die reine Summe der Einzelkomponenten hinaus steigern.

Mit systemischen Organisationsaufstellungen lassen sich mehr als die offensichtlichen Stakeholder und deren Einstellung zum Projekt zu erkennen. Mit dem Hilfsmittel der Organisationsaufstellungen können auch versteckte Vorbehalte und Widerstände gegen das Projekt oder einzelne Personen im Projekt identifiziert werden. Diese Identifikation kann sich sogar über Personen auf abstrakte Dinge wie Ziele, Einsatzmittel oder ähnliches ausdehnen. Darüber hinaus können auch Beziehungen zwischen Personen untereinander oder zu Dingen betrachtet werden.

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